Der digitale Schwerpunkt

23.03.2018

GliderCG von Mahmoudi Modellsport

© 2018 - Frank Schwartz, alle Rechte vorbehalten

Selbstverständlich ist nicht der Schwerpunkt digital, wie der Titel vielleicht impliziert. Sondern er ist mit dieser praktischen Waage von Mahmoudi Modellsport digital ermittelt worden. Das funktioniert super exakt und super einfach. Vorbei sind die Zeiten der "Daumen"-Schwerpunkte.

Doch braucht man das überhaupt? Eine Schwerpunktwaage? Und dazu noch digital?

Nun, der Hersteller meines Vertrauens hat den Schwerpunkt in der dem Segelflugmodell beigefügten (Bau‑) Beschreibung eingetragen. Und der seriöse Hersteller oder Vertreiber eines Flugmodells hat diesen Schwerpunkt auch in der Praxis überprüft. Das ist meist so, doch leider gibt es eben auch die Ausnahmen.

Bei einigen billigen Modellen aus Fernost sind schon mal Schwerpunkte angegeben, die in keinem Falle funktionieren können. Da weiß man, dass das Modell einfach nur gefertigt und nicht konstruiert wurde und wohl nie einer Flugerprobung unterzogen sein konnte. Insbesondere, wenn eine namhafte Firma die "Finger drauf hat", kann man aber davon ausgehen, dass der angegebene Schwerpunkt passt.

Einigermaßen jedenfalls. Denn die Lage des Schwerpunktes kann je nach Vorliebe und Steuergewohnheit des - erfahrenen - Piloten und Konstrukteurs durchaus unterschiedlich gesetzt sein. Manche mögen einen "lebendigen" Flieger und fliegen gerne einen weit zurückliegenden Schwerpunkt. Andere wiederum mögen es komfortabel oder können sich in den Kunden versetzen und positionieren ihn eher konservativ weiter nach vorne.

Jetzt sollte man nicht meinen, das wäre beispielsweise nur bei Schaummodellen so. Auch am anderen Ende der Scala, bei den High-End-Seglern habe ich das schon erlebt. Bei dieser Modell-Spezies kamen mir auch schon Voll-GFK/CFK-Segler unter, bei denen überhaupt keine Angabe zum Schwerpunkt gemacht wurde.

Nichts kippelt

Dennoch, jeder Flieger braucht einen Schwerpunkt, bevor er in die Luft geht. Und möglichst einen, der zum Modell passt. Deshalb verlassen wir uns zuerst einmal auf die geschriebene Vorgabe. Und wenn unser Augenmerk beim Modell-Kauf nicht auf "billig" ausgerichtet war, werden wir auch nicht wirklich enttäuscht.

Schön wäre, wenn zum Erstflug der Schwerpunkt schon ziemlich genau dort ist, wo er hin soll. Oft kann man schon bei der Positionierung der einzubauenden Komponenten darauf Rücksicht nehmen, indem man die individuell geplante Akkugröße an die passende Stelle bringt. Dementsprechend müssen eventuell die Servos anders im Rumpf positioniert werden (Beispiel Satori in FMT 11.2017). Schon für diesen Anwendungsfall kann ich die digitale Schwerpunktwaage empfehlen.

Denn in diesem Baustadium liegen alle Komponenten noch lose im Rumpf. Auf einer herkömmlichen, wippenden Waage kippt der Rumpf gerne nach vorne oder hinten. Die Folge ist, dass sich die lose eingelegten Servos, Akku etc. verschieben. Auf der digitalen Waage liegt die Tragfläche auf vier Punkten fest auf. Der Flieger kippt und wackelt nicht. Man kann recht bequem die Komponenten um-positionieren. Die Waage zeigt sofort die neue Schwerpunktlage an.

Keine Interpretation

Vor dem Erstflug gehört der Schwerpunkt zwar noch vorläufig, aber vernünftig eingestellt. Bei einigen Schaummodellen mag es noch angehen, den Flieger auf zwei Daumen auszuwiegen. Jedoch bei allen anderen ist es durchaus sinnvoll und besser, ihn auf eine Schwerpunktwaage zu legen. Damit erhält man ein deutlich präziseres Ergebnis. Alle rein mechanischen Waagen funktionieren nach dem Prinzip, dass sie das Modell um die Querachse kippen lassen. Deren Qualität steht und fällt mit der Präzision und Feinheit der Lagerung des Pendels. Gute mechanische Schwerpunktwaagen haben ihren Preis, auch schon mal über 100,- €.

Es gibt zwei Grundprinzipen. Entweder wird die Tragfläche an die gemäß Anleitung richtige Stelle auf zwei mehr oder wenig stark ausgeprägte Spitzen gelegt. Je feiner die Spitze, desto besser das Messergebnis und desto eher gibt es Druckstellen. Je stumpfer die Spitze, desto eher rutscht ein (glatter) Flügel herunter. Auf jeden Fall muss man die Position laufend überprüfen.

Oder die Schwerpunktwaage hat selbst eine Wippe, auf die die Tragfläche in der richtigen Position gelegt wird. Hier entscheidet auch die Qualität des Lagers über die Präzision des Messergebnisses. Zudem muss auf der Wippe je nach Konstruktion ein Gegengewicht zum Anschlag zusätzlich positioniert werden.

Beide Arten haben gemeinsam, dass der Flieger auf der Schwerpunktwaage pendelt und zum Hantieren immer wieder heruntergenommen werden muss. Was in diesem Zusammenhang noch für die digitale GliderCG spricht: Die Rumpfspitze soll ja beim klassischen Auswiegen leicht nach unten hängen. Was ist denn "leicht"? Auf der digitalen Waage gibt es keinen Interpretationsspielraum. Sie zeigt immer nur den aktuellen, konkreten Wert auf den 1/10 mm genau an.

Den Schwerpunkt erfliegen

Richtig. Letztlich erfliegt man die richtige Lage des Schwerpunktes in einem mehr oder weniger langen Prozess. An dessen Ende möchte man vielleicht auch gerne wissen, wo man ihn letztlich hingelegt hat, auch, um ihn mit der Vorgabe abzugleichen. Die digitale Schwerpunktwaage macht es leicht, einen exakten und reproduzierbaren Wert zu ermitteln.

Reproduzierbar ist ein neues Stichwort. Vielleicht möchte - oder muss - man einmal etwas umbauen, einen anderen Motor oder Akku ausprobieren. Ich will ja nicht hoffen, dass man am Modell einen Schaden reparieren muss. Aber in all den Fällen ist es sehr hilfreich, wenn man nach den Umbaumaßnahmen auf einen sehr exakt reproduzierbaren Wert zurückgreifen kann und nicht neu erfliegen muss.

Wer braucht sie also?

Das Leben ohne die digitale Schwerpunktwaage GliderCG ist möglich, aber ... Ich kann so ein Teil vorbehaltlos empfehlen. Es macht das Segelflieger-Leben deutlich einfacher und komfortabler. Der Wettbewerbspilot kommt fast gar nicht drum herum. Wer es genau wissen will, auch nicht. Alle anderen Segelflieger könnten Freude an diesem technischen Spielzeug haben.

Die Waagen sind geeignet für kleinere Modelle wie DLG- und R.E.S.-Segler, alle Zweck- und Wettbewerbssegler und für Vorbildgetreue, wenn sie nicht einen zu breiten oder zu hohen Rumpf haben.

Es bleibt zu hoffen, dass auch die Hersteller und Vertreiber von Segelflugzeugen in Zukunft den Schwerpunkt ihrer Modelle mit der digitalen Waage exakt messen. Dann könnte man diese Vorgaben bis auf den 1/10 mm genau nachvollziehen. Das wäre traumhaft.

Kinderleicht

Die Bedienungsanleitung ist zwar nur in spanischer und englischer Sprache gehalten, aber eigentlich bräuchte man sie gar nicht: Waage unbelastet(!) einschalten und kurz warten bis sie Betriebsbereitschaft signalisiert. Flieger auflegen, Nasenleisten bis an die Anschläge schieben und das Maß des Schwerpunktes auf dem Display ablesen. Gleichzeitig bekommt man auch das Gesamtgewicht des Modells angezeigt.

Das Modell liegt auf den vier Auflagepunkten recht stabil. So kann man nun den Akku verschieben, Trimmgewichte zufügen oder entfernen, ohne das Modell von der Waage zu nehmen.

Es gibt die Waage in drei verschiedenen Größen, was wesentlich auch Einfluss auf die mögliche Rumpfbreite und -höhe hat.

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