Einfach nur oben bleiben

27.08.2015

Der Introduction F5J vom himmlischen Höllein

© 27. August 2015 - Frank Schwartz, Flugfotos Monika Schwartz, alle Rechte vorbehalten

"Es gibt eigentlich keinen Tag, an dem es kein Steigen gibt." So äußerte sich mir gegenüber einmal einer der jungen und erfolgreichen F3J-Piloten. Er führte dann auch gleich vor, wie sein F3J-Modell an einem trüben, fast regnerischen Tag mühelos - so sah es jedenfalls aus - Höhe machte. Und mit dem neuen Introduction F5J von Höllein funktioniert das auf jeden Fall auch.

Das ist jedenfalls meine Erfahrung, als ich - neugierig auf die Flugeigenschaften - mit dem neuen Flieger auch bei schlechtem Wetter auf den Flugplatz ging. Obwohl nicht zu erwarten, zeigte das Vario immer wieder Steigen an. Das waren meist nicht kurze Heber, sondern aufsteigende Luft, die ich jeweils die ein oder andere Minute mit dem Introduction auskurbeln konnte. Klar, war das Steigen nicht stark, aber für einen langen Flug nutzbar. Damit will ich unterstreichen, dass das Modell wirklich sehr gut auf Thermik anspricht.

Doch zuerst einmal gilt es, mit dem Introduction auf Höhe zu kommen. Der von Höllein empfohlene Hacker-Antrieb verleiht dem Flieger eine Steigleistung bei 9 m/s. Dabei zieht der Motor einen Strom von etwa 17 A. Das ergibt mit dem 1.300er Akku rechnerisch eine Motorlaufzeit von 280 s und in Summe eine Höhe von circa 2.500 m. Das sollte für einen vergnüglichen, thermikreichen Flugnachmittag -nein, was sage ich: für ein verlängertes Wochenende - vollkommen ausreichen. Mein Tipp: ein 1.000er LiPo tut's auch und das an sich schon leichte Modell wird damit noch etwas leichter.

Auf Höhe angekommen, den Motor ausgeschaltet, fliegt der Introduction von alleine - "bis der Pilot störend eingreift". Vorausgesetzt, der Flieger hat keinen Verzug und der Schwerpunkt passt, kann man ihn tatsächlich alleine fliegen lassen. Aufsteigende Luft zeigt er verlässlich durch Beschleunigen oder Wegdrehen an. Da er dann in der Regel von der Thermik wegdreht, muss der Pilot entgegensteuern. Die Seitenruderwirkung des 2-Achsers ist sehr gut, so dass man direkt in die Thermik eindrehen kann. Im Kreisflug will er durch leichte Korrekturen mit Seiten- und Höhenruder gehalten werden. Das gelingt leicht. Bei feinfühligem Steuern, idealerweise mit 40-50 % Expo unterstützt, kann der Bart gut gehalten oder durch leichtes Versetzen gut zentriert werden. Ein Abschmieren über eine Fläche lässt sich nur bei extremem Langsamflug provozieren. Aus dem Geradeausflug heraus ist dies fast unmöglich.

Genau das ist es, wofür der Introduction konstruiert wurde: leichteste Thermik ausnutzen und lange oben bleiben. Und diese Disziplin erfüllt er hervorragend.

Dabei ist seine Fluggeschwindigkeit erwartungsgemäß äußerst gemächlich und liegt bei gemessenen 20-30 km/h. Das heißt aber nicht, dass man das Modell nicht auch schnell fliegen kann. Bei moderater Geschwindigkeitszunahme wird der Flieger deutlich agiler und das Sinken hält sich dennoch in Grenzen. Die höchste von mir aufgezeichnete Fluggeschwindigkeit über Grund betrug bisher 95 km/h, ohne dass das Modell irgendwelche Anzeichen von Überlastung zeigte. Selbstverständlich war der Höhenverlust dabei deutlich größer.

Die am Innenflügel angebrachten Flaps werden zum Abstieg aus großen Höhen vollständig oder zur Regulierung des Landeanfluges mehr oder weniger weit ausgefahren. Ihre Wirkung ist in beiden Fällen hervorragend. Senkrechte Abstiege lassen sich problemlos fliegen und sehen bei dem filigranen Modell recht spektakulär aus. Versuchsweise habe ich die Flaps auch als Wölbklappe eingesetzt, konnte aber keine wirklich spürbare Verbesserung der Steigleistung erkennen. Konstruktionsbedingt lassen sich die Klappen leider nicht nach oben ausschlagen. Eine Erhöhung der Fluggeschwindigkeit durch negatives Setzen der Klappen könnte beim Introduction durchaus sinnvoll sein, um schneller aus dem Rückraum gegen den Wind zurückfliegen zu können.

Wettbewerbseinsatz

Und damit wären wir schon beim zweiten Namensteil des Introduction, dem Zusatz "F5J". Spannend wird es sein, wie er sich auf den entsprechenden Wettbewerben gegenüber der Voll-GFK-Konkurrenz behaupten wird. Bisher konnte ich ihn noch nicht im "Ernstfall" beobachten oder einsetzen, kann also dazu nur Vermutungen anstellen. Die Steigleistung reicht für einen Wettbewerb locker aus, ließe sich aber durch eine andere Motorisierung noch weiter steigern. Um das "Oben-Bleiben" würde ich mir keine Sorgen machen. Der Aktionsradius ist aufgrund der geringen Fluggeschwindigkeit und der damit verbundenen geringeren Gleitleistung den Voll-GFK-Modellen gegenüber kleiner. Das muss aber nicht unbedingt ein Nachteil sein, zumindest bei ruhigeren Wetterlagen. Eine zeit- und punktgenaue Landung erfordert vielleicht etwas mehr Übung. Der Einsatz des Introduction ist nach meiner bisherigen Einschätzung bis Windstärken von etwa 10-15 km/h sinnvoll. Unumstritten ist der Introduction F5J aber die absolut preiswerteste Möglichkeit an F5J-Wettbewerben teilzunehmen, bzw. um in diese Klasse mit einem leistungsfähigen Modell einzusteigen.

Über das Modell

Der Introduction F5J ist ein über Höhe und Seite gesteuerter Elektro-Thermiksegler. Flaps am Innenflügel werden ausschließlich nach unten ausgeschlagen und dienen dem Abstieg aus großen Höhen oder der dosierten Steuerung des Landeanfluges. Laut Hersteller ist als Profil eine modifizierte Variante des AG35 verwendet worden. Die Tragfläche ist dreiteilig aufgebaut, hat insgesamt eine vierfache V-Form und zusätzlich Winglets. Die beiden Außenteile der Tragfläche werden mittels einer cleveren Vorrichtung am Flächeninnenteil arretiert. Das geschieht werkzeugfrei und ohne Klebestreifen!

Höhen- und Seitenleitwerk sind in gedämpfter Form ausgeführt. Für den Akku gibt es vorne im Rumpf genügend Platz, so dass man ihn in weiten Bereichen positionieren kann, um den richtigen Schwerpunkt einzustellen.

Eine Tragfläche mit Flaps und Querrudern ist in Vorbereitung. Schade, bei der vorliegenden Zweiachs-Version ist das Flächenmittelteil nicht für die Durchführung von Kabeln hin zum Außenflügel vorbereitet. Wenn man später upgraden möchte, muss man ein zweites Flächenmittelteil aufbauen. Dies geht zwar schnell vonstatten, wäre aber vermeidbar gewesen. Es bleibt zu hoffen, dass an das neue Flächenmittelteil auch die Ohren des Zweiachsers passen.

Baukasten

Es handelt sich beim Introduction F5J um einen ausgesprochenen Holzbausatz mit gelaserten Bauteilen. Lediglich die Holme für die Tragflächen sind als stabile CFK-Rohre ausgeführt. Die Holzteile sind wie üblich vor dem Verbauen aus den Brettchen heraus zu trennen und das ist auch fast schon die zeitaufwändigste Arbeit. Die Stege, mit denen die Bauteile in den Brettchen fixiert sind, sind erfreulich klein. Meist sitzen sie auch an günstigen Stellen, manchmal aber auch nicht (Rippen), so dass das Heraustrennen mit dem Skalpell etwas Konzentration erfordert.

Alle notwendigen Zubehör- und Kleinteile sind ebenfalls vorhanden: GFK-Verbinder und -Ruderhörner, Bowdenzüge, Gabelköpfe, Metall- und Kunststoff-Schrauben (leider für die Tragflächenbefestigung kein Kreuzschlitz), Muttern etc. Nur den Schriftzug, den musste ich mir selbst anfertigen.

Der Bauplan ist vierfarbig und liegt gerollt dem Baukasten bei. Er ist übersichtlich gestaltet. Neben den Draufsichten gibt es genügend Schnittzeichnungen, die die Bauanleitung ergänzen. Auch die 36-seitige Bauanleitung ist vierfarbig. Extrem viele Fotos und präzise, knappe Beschreibungen zeigen Schritt für Schritt den Bau des Modells. Ich habe in der Abfolge keine Lücke gefunden, alle Bauschritte sind deutlich und exakt erklärt. Na ja, eine Lücke habe ich doch gefunden: Die Holm-Rohre und die Stäbe der Außenflügel müssen etwa hälftig geteilt werden. Das steht nirgends, ergibt sich aber logisch. Mittels kleiner Symbole sind Hinweise gegeben, ob an der jeweiligen Stelle mit dünnflüssigem oder dickflüssigem Sekunden-Kleber, 5-Minuten-Epoxi oder UHU Plus Endfest zu kleben ist.

Ausrüstung

Der himmlische Höllein gibt auf der Website konkrete Empfehlungen für die Ausrüstung des Modells. Für das Testmodell haben wir uns für die stärkere Motorisierung, den Hacker-Antrieb entschieden. Dieser Antrieb passt meines Erachtens sehr gut. Kühlluftöffnungen sind im Rumpf nicht vorgesehen. Da im Segler sowieso nur mit Vollgas gestiegen wird und die Steigflugphasen des Introduction sehr kurz ausfallen, ist eine Kühlung auch nicht notwendig. Das Konzept ist der Anwendung entsprechend stimmig. Piloten, die im Wettbewerb aus taktischen Gründen "Schleichfahrt" anwenden, sollten beachten, dass der Regler X-20 pro unter diesen Bedingungen nicht beliebig lange Teillast-fest ist.

Bei Verwendung der vier vorgeschlagenen Servos DES 427BB sind bei den entsprechenden Servo-Brettchen, bzw. -Halterungen keine Änderungen vorzunehmen, da sie genau für diese Servos vorbereitet sind.

Bau und Fertigstellung

Der Bau ging erwartungsgemäß reibungslos und innerhalb einer Woche von statten. Bei Höllein-Modellen aus der Produktion von Grüner habe ich mir mittlerweile abgewöhnt, mit Bauteilen erst eine Passprobe zu machen. Es hat noch immer alles sauber und ohne Nacharbeit gepasst. Auch beim Introduction konnte ich so vorgehen. So macht mir der Holzbau richtig Spaß. Widersprechen muss ich allerdings der Werbeaussage des Himmlischen in folgendem Punkt: "... einfachster Aufbau (Höllein-3D-Puzzle)...". Denn bei einem Puzzle muss man meist lange suchen, bis man den richtigen Platz für das jeweilige Teil gefunden hat!

Das Höhenleitwerk kann alternativ fest mit dem Rumpf verleimt oder mittels zweier 3-mm-Kunststoffschraufen demontierbar ausgeführt werden. Ich habe mich - aus Transportgründen - für letztere Version entschieden. Das Mehrgewicht beträgt keine 5 g. Da der Schwerpunkt durch Verschieben des Akkus und nicht durch Bleizugabe in der Rumpfspitze eingestellt wird, bleibt es dabei und somit ist dieses Mehrgewicht nicht der Rede wert.

Höllein empfiehlt, Tragfläche und Leitwerk mit Oralight sowie den Rumpf mit Oracover zu bespannen. Dem entgegen habe ich das gesamte Modell mit Oralight bebügelt. Allerdings ist der Gewichtsvorteil hier nicht nennenswert. Zwei kleine Änderungen habe ich vorgenommen - siehe Kasten.

Am Ende brachte mein Introduction mit dem 1.300er LiPo 40 g weniger als die vom Hersteller vorgegebenen 920 g auf die Waage. Ich führe das auf glücklicherweise leichtes Holz in meinem Baukasten, aber auch auf die sparsame Verwendung des Klebstoffes zurück. Denn gerade mit zu viel Klebstoff kann man ein Modell unnötig schwerer bauen. Auch bei Verwendung eines 25 g leichteren 800er LiPos liegt die Flächenbelastung noch bei etwa 13 g/dm², also noch oberhalb der im Wettbewerb erlaubten Untergrenze von 12 g/dm².

In der Anleitung sind Werte für den Schwerpunkt sowie die Ruderausschläge angegeben. Diese passen nicht nur für's Einfliegen.

Fazit

Die gelaserten Holzteile passen ohne Nacharbeit. Der Baukasten ist absolut top. Der Introduction fliegt für einen 2-Achser sensationell gut. Ich konnte selbst bei schlechtestem Wetter kleinste Aufwinde auskurbeln. Ein Thermik- und Leichtwindsegler par Excellence. Eigentlich mag ich ja mehr die Leistungssegler der schnelleren Gangart. Doch der Introduction F5J hat mich überzeugt. Die Teilnahme an einem F5J-Wettbewerb ist möglich. "Big-R.E.S." in der Thermik macht auf jeden Fall Spaß damit.

Ich habe folgende beiden Änderungen vorgenommen. Nicht weil das Modell einer Verbesserung bedarf, sondern weil es mir persönlich etwas mehr Komfort bringt.

Introduction F5J

Verwendungszweck: Outdoor

Modelltyp: Elektro-Thermiksegler

Hersteller / Vertrieb: Der himmlische Höllein

Bezug Segler und alle Komponenten: www.hoelleinshop.de

UVP: 159,00 €

Lieferumfang: Holzbaukasten mit CFK-Holmrohren

Erforderl. Zubehör: Motor, Regler, Propeller, Mittelteil, Spinner, 4 Servos, Empfänger, Flugakku, Bespann-Folie

Bau- u. Betriebsanleitung: 36 Seiten, Deutsch

Aufbau

Rumpf: Holz, Kastenrumpf

Tragfläche: Holz, Rippen, Rohr-Holm

Leitwerk: Holz, Stegbauweise

Einbau Flugakku:Klappe am Rumpfoberseite


Technische Daten

Spannweite: 2.920 mm

Länge: 1.435 mm

Spannweite HLW: 660 mm

Flächentiefe an der Wurzel: 232 mm

Flächentiefe am Randbogen: 140 mm

Tragflächeninhalt: 65 dm²

Flächenbelastung: 14 g/dm²

Tragflächenprofil Wurzel: AG35 mod

Tragflächenprofil Rand: AG35 mod

Profil des HLW: ebene Platte

Gewicht / Herstellerangabe: 920 g

Fluggewicht Testmodell o. Flugakku: 776 g

mit 3s 1.300-mAh-LiPo: 880 g

Antrieb vom Hersteller empfohlen

Motor: Hacker A20 -22L Evo oder Robbe Roxxy 2834/12

Regler: Hacker X-20 pro

Propeller: Aeronaut CAM Carbon 11x6

Akku: 3s LiPo-Akku 850 mAh bis 1.300 mAh

Antrieb im Testmodell verwendet

Motor: Hacker A20 -22L Evo

Regler: Hacker X-20 pro

Propeller: Aeronaut CAM Carbon 11x6

Akku: Xcell LiPo 3s 1.300 mAh

RC-Funktionen und Komponenten

Höhe: Graupner DES 427BB

Seitenruder: Graupner DES 427BB

Flaps: 2x Graupner DES 427BB

verwendete Mischer: Flap --> Höhe

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